Aktie, moderne Sklaverei?
Wir, das Team Krawattenlos, beschäftigen uns leidenschaftlich mit dem Thema Aktien. Die Definition von Aktien ist ja im Allgemeinen bekannt. Dennoch wollen wir den Begriff der Aktie einmal querdenken!
Eine Aktie ist im Glauben der breiten Masse nichts anderes als ein Anteil an einer Aktiengesellschaft. Durch die Ausgabe von Aktien an Aktionäre sichern sich Unternehmen Eigenkapital, um weiteres Wachstum zu finanzieren. Kaufe ich mir eine Aktie, bin ich direkt an dem Unternehmen beteiligt, was Rechte und Pflichten mit sich bringt. Als Aktionär stelle ich also Eigenkapital für unternehmerisches Handeln zur Verfügung, was das Risiko eines Kapitalverlustes mit sich bringt. Laufen die Geschäfte des Unternehmens gut, steht dem Aktionär eine Beteiligung am Unternehmensgewinn zu. Alternativ zu einer Gewinnausschüttung in Dividenden, können die Gewinne vom Unternehmen einbehalten werden, um weiteres Wachstum zu finanzieren.
So weit so gut. Dies ist der klassische Ansatz wie man den Blick auf eine Aktie richten kann. Quergedacht, kann man sich fragen, in welchem Zusammenhang stehen Aktien und Mitarbeiter? Wenn Aktien nicht nur eine Beteiligung an Anlage- u. Umlaufvermögen darstellen, sondern auch eine Beteiligung am Humankapital, sprich Menschen?
Auch unter dieser Betrachtung ist eine Aktie eine Beteiligung am Anlage- und Umlaufvermögen eines Unternehmens, allerdings auch an dessen Humankapital. Sichert man sich eine Aktie, ist man Eigentümer dieser Firma und im weiteren Sinne auch Arbeitgeber für oft tausende von Menschen. Die Beteiligung am Humankapital spielt in der klassischen Betrachtungsweise einer Aktie kaum eine Rolle, sind es doch aber erst die Mitarbeiter, welche ein Unternehmen zu einem Unternehmen machen. Die Mitarbeiter sind ein elementarer Bestandteil einer jeden Unternehmensbeteiligung in Form von Aktien! Nehmen wir als Beispiel den DAX Konzern BASF.
Die BASF beschäftigte im Geschäftsjahr 2016 weltweit 113.830 Mitarbeiter. Im gleichen Zeitraum verzeichnete Sie einen operativen Gewinn (EBIT) in Höhe von 6.275 Millionen Euro. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 918 Millionen Aktien im Umlauf. Zwei klassische Kennzahlen zur Berechnung des Unternehmenserfolges sind:
- 6.275m EUR EBIT / 918m Aktien = 6,84 EUR Ergebnis je Aktie
- 6.275m EUR EBIT / 114k Mitarbeiter = 55.050 EUR Ergebnis je Mitarbeiter
Beide Kennzahlen werden zu Benchmarking zwecken regelmäßig zur Unternehmensbewertung verwendet. Die spannendere, quergedachte Kennzahl, ist allerdings folgende:
- 114k Mitarbeiter / 918m Aktien = 0,000124183 Mitarbeiter je Aktie
Kaufe man sich also eine BASF Aktie, „gehört“ einem ein Mitarbeiter Anteil in Höhe von 0,000124183, in der Betriebswirtschaft auch „Vollzeitäquivalent“ genannt. Anders ausgedrückt bedeutet dies, jede Aktie welche der Aktionär von der BASF besitzt, sichert ihm einen Mitarbeiteranteil in Höhe von 0,000124183! Möchte der Aktionär einen vollständigen Mitarbeiter der BASF „besitzen“, dann benötigt er die folgende Anzahl an Aktien:
- 1 / 0,000124183 Mitarbeiter je Aktie = 8.053 Aktien = 1 BASF Mitarbeiter
Besitze der Aktionär nun 8.053 BASF Aktien, so gehört ihm rein rechnerisch ein Mitarbeiter, welcher tagtäglich 8 Stunden für den Aktionär seine Arbeit verrichtet. Nachdem wir nun wissen, wie viele Aktien ein Aktionär benötigt, um einen vollständigen BASF Mitarbeiter für sich arbeiten zu lassen, müssen wir nun noch die Frage klären, welchen Dividendenertrag der Mitarbeiter dem Aktionär im Jahr 2016 erarbeitet hat.
- 918m Aktien * 3,00 EUR Dividende für das Geschäftsjahr 2016 = 2.754m EUR Dividenden Ausschüttung der BASF Gruppe an alle Aktionäre
- 2.754m EUR Dividenden Ausschüttung / 114k Mitarbeiter = 24.158 EUR Dividenden Ausschüttung je Mitarbeiter
Besitzt der Aktionär, zum Zeitpunkt der Hauptversammlung, einen Mitarbeiter (8.503 Aktien), dann hat ihm dieser über das Jahr einen Ertrag in Form von Dividenden in Höhe von 24.158 EUR erwirtschaftet. Rechnerisch entspricht dies einem Monatslohn (24.158 EUR / 12 Monate) in Höhe von 2.013 EUR.
Anhand dieser Rechnung kauft der Aktionär also nicht nur eine Beteiligung an einem Unternehmen, sondern die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters, welcher in dem entsprechenden Unternehmen beschäftigt ist. Mit jeder weiteren Aktie, sichert sich der Aktionär weitere Anteile eines Firmenmitarbeiters, welcher tagtäglich seine Lebenszeit für den Aktionär investiert. Als Aktionär „kauft“ man sich also Mitarbeiter, welche für Aktionäre
- früh morgens den Wecker stellen, um pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen
- ihren Job zum Mittelpunkt Ihres Lebens machen und somit für Umsatz- und Gewinnwachstum im Sinne des Aktionärs sorgen
- die beste Zeit ihres Lebens aufbringen, um Ihren persönlichen, allerdings auch den finanziellen Wohlstand der Aktionäre zu sichern
- sich neben der Arbeit weiterbilden, um den persönlichen Nutzen, zwangsläufig aber auch jener der Aktionäre zu maximieren
- sich trotz Krankheit auf die Arbeit schleppen, aus Angst vor einem Jobverlust
- sich trotz Niedriglöhne der Firma die Treue halten (bei einem Mangel an Beschäftigungsalternativen)
- ihren Job machen, obwohl Sie wissen, dass Ihre Selbstverwirklichung in diesem Job nicht zu realisieren ist
- zur Stillung ihres Konsumdurstes und zur Optimierung Ihres Monatseinkommens, immer mehr Einsatz (oftmals Tausch von Zeit gegen Geld) in die Firma investieren
- durchaus auch glücklich jeden Tag zur Arbeit fahren, da Sie sich voll mit den Produkten, Ihrer Anstellung und Ihrer Bezahlung identifizieren.
Diese Liste ließe sich selbstverständlich endlos fortsetzen. Man kann allerdings auch schon auf Basis dieser Punkte festhalten, der Mitarbeiter investiert Lebenszeit um ein Einkommen zu erzielen, der Aktionär investiert Risikokapital und Konsumverzicht, um die erwirtschafteten Gewinne der Mitarbeiter für sich abzuschöpfen. Letztendlich ist es also so, besitzt man eine Aktie, dann „besitzt“ man im weitesten Sinne Mitarbeiter, welche jeden Tag aufs Neue, für die Gewinne des Aktionärs Ihre Lebenszeit investieren. Mit nur einer Aktie eines Unternehmens profitiert man also direkt vom Fleiß, Einsatz, Motivation und unternehmerischen Handeln der Mitarbeiter.
Was denkt Ihr, ist dieser Gedanke zu quergedacht, oder ist doch etwas wahres dran? Welche Rolle bevorzugt Ihr, Aktionär oder Angestellter?
Beste Grüße, Frederik – Team Krawattenlos –
Anmerkung: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, investiert. Die Auswahl der BASF SE im Beitrag „Aktie, moderen Sklaverei“ erfolgte rein zufällig. Der Autor verfolt in keinster Weise die Absicht, die BASF SE in Zusammenhang mit Sklaverei zu brigen.
Kommentare
diesen linken Schwachsinn kann ich nicht meh hören. Ich bin Mitarbeiter eines Aktiennotierten Unternehmens und merke dort nichts vom schlechten Einfluss der Aktien auf die Mitarbeiter. Gleichzeitig bin ich auch leidenschaftlicher Aktionär und habe nicht nur das Unternehmen in dem ich arbeite im Depot. Und wenn ich krank bin, bin ich zu Hause und ansonsten bringe ich meine gut bezahlte Leitung – wo ist das Problem…
Es gibt kein Problem, hier sollte das Thema Aktien einfach mal kontrovers diskutiert werden. Kapitalgesellschaften sind der Schlüssel zum Wohlstand in der heutigen Zeit, dessen ist sich auch das Team Krawattenlos bewußt.
Das eine muss das andere ja nicht ausschließen, auch ein Angestellter kann Konsumverzicht üben und Aktien kaufen.
Vollkommen richtig. Auch der Angestellte sollte einen Teil seines Sparvermögens in Aktien investieren. Allerdings gilt auch hier die Regel, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Solltest Du in der gleichen Firma arbeiten in welche Du auch kräftig investierst, dann besteht die Gefahr eines Klumpenrisikos. Sollte Dein Arbeitgeber allerdings attraktive Mitarbeiterbeteiligungen in Form von Aktien anbieten, dann ist eine Beteiligung am eigenen Arbeitgeber in den meisten Fällen sinnvoll.